Einmal im Leben die Queen treffen, das wünschen sich viele Royal Family Fans sehnlichst! Ich hatte das einmalige Erlebnis „Her Royal Highness the Queen“ im Schloß Bellevue bei ihrem Besuch in Deutschland (Juni 2015) zu treffen, ihr die Hand zu schütteln und beim Bankett, keine zwei Tische entfernt von ihr zu Speisen.

Der Staatsempfang in Berlin

Aber jetzt von Vorne, wie kam es dazu, das ich Null-Acht-Fünfzehn-Mensch zur Royal Majesty eingeladen wurde? Anfang Juni wurde meinem Partner eine Einladung zugeschickt, bei der wir uns erst nicht sicher waren, ob es ein Scherz sein sollte.

Die Einladung zum Staatsempfang

Keinesfalls, die Queen besuchte nach langer Zeit endlich wieder mal die deutsche Hauptstadt und beendet ihren Tag in Berlin mit einem Staatsbankett im Schloß Bellevue. Hier nochmal kurz die wichtigen Fakten, kinderleicht erklärt was ein Staatsbankett ist:

Heute laden Regierungschefs meistens wichtige Politiker, mächtige Wirtschaftsbosse oder andere einflussreiche Menschen zu Banketten ein. Sie finden immer in den schönsten Palästen eines Landes statt. Wer eingeladen ist, muss ziemlich viel Hunger mitbringen. Denn bei Banketten gibt es immer mehrere Gänge zu essen. Außerdem gibt es eine strenge Sitzordnung, edles Geschirr und glitzernde Kronleuchter. Auch die Gäste sollen schick aussehen, deshalb gibt es eine Kleiderordnung. Männer müssen eine Krawatte oder Fliege zum Anzug tragen und Frauen Abendkleider. Ganz wichtig sind bei solchen Essen Tischmanieren. Mit vollem Mund reden oder in der Nase popeln, ist verboten.

Laetitia Bürckholdt Badische Zeitung 

Neben eben den wichtigen Politikern usw. werden auch aus der Sparte Sport Gäste eingeladen. Wie der Zufall es will, ist in eben diesem Jahr 2015 auch die Rugby Weltmeisterschaft, eines der größten Sportveranstaltungen der Welt! Ja liebe Deutsche, es gibt auch andere Sportarten außer Fußball hierzulande. Den Ursprung findet der Sport mit dem ovalen Ei in England und viele Commonwealth Länder sind auch ganz verrückt nach der kontaktfreudigen Sportart. Offensichtlich haben die Organisatoren ihre Hausaufgaben gemacht: Die Royals  sind echte Rugby-Fans, immer wieder werden sie bei Länderspielen auf der Ehrentribüne gespottet! Deshalb darf eben auch der deutsche Kapitän der Rugbynationalmannschaft nicht auf diesem Empfang fehlen. Welch ein Glück, das mein Partner zudem auch noch als gebürtiger Australier ein waschechtest Commonwealth Kind  ist.

Jetset: Aus der Sierra nach Berlin

Einen Tag zuvor befinde ich mich noch in der Sierra Nevada im Höhentrainingslager mit einer Gruppe DSV Schwimmern. Natürlich gibt es viele Angebote, wer gerne an meiner Stelle meinen Partner auf den Empfang begleiten möchte. Aber dieses einmalige Erlebnis lasse ich mir nicht nehmen. Hierfür fliege ich aus der Sierra nach Berlin, was ein Jetset Leben!

Es bleibt also nicht viel Zeit zum Grübeln. Fragen wie:

  • Was ziehe ich an?
  • Wie funktioniert das mit dem Hofknicks?
  • Was sage ich zu der Queen, wenn ich vor ihr stehe?
  • Darf ich überhaupt etwas sagen?

müssen unterwegs beantwortet werden. Den royalen Feinschliff gibt es Google und YouTube sei Dank mit ausführlicher Anleitung im Internet. In Berlin angekommen fehlen nur noch Schuhe die Schuhe. Aber was ist denn angemessen für einen Staatsempfang? Begegnet man der Queen auf hohem Schuh oder besser ganz flach auch Augenhöhe?

Dann erst einmal royale Berliner Luft schnuppern! Die Queen ist bereits den ganzen Tag in Berlin unterwegs. Auf der Spree, winkend und Sightseeing betreibend, denn sie war ja auch schon eine Weile nicht mehr in der deutschen Hauptstadt. Berlin ist in Bewegung, es herrscht eine ganz besondere Atmosphäre in der Metropole, Berlin steht Kopf, Berlin liebt die Queen! Überall Fernsehkameras, Menschenansammlungen mit britischen Flaggen, alle nur darauf wartend, einen Blick auf die Queen werfen zu können! Wir könne dabei recht gelassen bleiben, bis später Lilibet, wir freuen uns auf dich!

The Final Countdown 

Zurück im Hotel wird sich dann in Schale geworfen, während im Hintergrund RBB live über den Staatsempfang berichtet. Ganz schön surreal, die Vorstellung, das wir in ein paar Stunden dort sein werden! Auch der Taxifahrer staunt nicht schlecht, als er die Adresse auf der Einladungskarte sieht. Vor das Schloss Bellevue ist er schon etliche Male gefahren, aber nicht zum Hintereingang rein!

Dort werden wir dann erstmal gefragt, wie wir denn gerne zum Schloss kommen möchten. Zu Fuß oder in der Limo vorfahren. Meine Schuhe sind nicht geeignet für den langen Weg bis zum Eingang und einmal Limo fahren, wer sagt da schon Nein! Sportler hin oder her!

Die Presse im Nacken, Smalltalk und Netzwerken

Und plötzlich sind wir Mittendrin statt nur dabei! Wir werden direkt an den roten Teppich gefahren, im Rücken eine Wand aus Presseleuten! Jetzt bloß kein Fauxpass beim Aussteigen! Stolpern, Unterhose zeigen oder gar flach auf dem roten Teppich landen. In Bruchteilen gehen mir alle Fails der Stars und Sternchen durch den Kopf. Aber nun gut, wir sind ja Gott sei Dank keine Promis, deshalb ist es wohl auch verziehen, das unser Posen und lässig in die Kamera winken ausfällt! Heidi Klum hätte uns für diesen ersten Auftritt wohl kein Foto gegeben!

Die Presse vor der Haustür

Da stehen wir also im Vorzimmer im Schloß Bellevue, gesammelt wie eine große Schafherde, mit dem Rest der High Society, alle in freudiger Erwartung die königliche Hand zu schütteln! Wir starten einen kurzen Versuch ins Gespräch mit zwei freundlich aussehenden Damen zu kommen, denn Small Talk und Netzwerken scheinen hier erwünscht zu sein. Mit dem obligatorischen Apéritif in der Hand sollte das doch funktionieren, Alkohol macht doch die Zunge locker!

Guten Tag ich bin Frau von und zu…..

Damit wären dann auch die Rangverhältnisse geklärt! Das Gespräch schläft ein, sobald es angefangen hat! Über was denn auch unterhalten? Das Wetter, die Queen, weshalb wir hier sind? Ein kleiner erster Reinfall!

Wir sichern uns lieber einen guten Fensterplatz, um die Ankunft der Queen nicht zu verpassen. Ein ganz schönes Tamtam wie die Polizeieskorte vorfährt, dann Blitzgewitter und vollkommene Fassungslosigkeit unsererseits als nun wirklich die Queen aus der Limo steigt! Plötzlich möchte auch jeder einen heiß begehrten Platz am Fenster haben!

Tja das habt ihr jetzt vom Smalltalken und Netzwerken, jedenfalls keinen erste Reihe Platz am Fenster!

Erste Reihe Fensterplatz

Perspektiv Wechsel

Der langersehnte Moment rückt näher, wir beginnen uns, brav wie die Schäfchen, in Reihe aufzustellen. Die Einladung in der Hand, damit beim Eintreten in den Empfangssaal die Namen vorgelesen werden können.  Freunde, Verwandte und Bekannte hält es nicht mehr auf den Sofas, die Handys sind gezückt. Fernseher und Online Stream sind eingeschaltet um ja nichts zu verpassen!

Es ist soweit! Unsere Namen werden verlesen! Wer ist das? fragt ein Reporter!

Wen der Pinguin die Kontrolle übernimmt

Heimlich habe ich hier und da vor einem Spiegel meine Hausaufgaben gemacht und das Knicksen (How to Curtsy), Händechütteln und Lächeln geübt. Was sagen? Your majesty, I am very honored…?

Dann geht es plötzlich ganz schnell! Und alle antrainierten Etiketten sind in der Aufregung vergessen! Ich stehe vor der Queen und lege meine Hand in ihre kleine, in einen weichen Samthandschuh verpackte Hand! Und dann verbeuge ich mich wie ein Pinugin (und das nicht nur einmal!) vor dieser kleinen, freundlich lächelnden Frau, die mich irgendwie an meine Oma erinnert! Alle anderen Hände die ich geschüttelt haben soll, habe ich bereits vergessen. Wieviele Hände die Queen in ihrem Leben wohl schon geschüttelt hat? Und ob sie nach jedem Empfang ihre Handschuhe wechselt?

Das Bild für die Ewigkeit von den breiten Schultern des Partners verdeckt 🙁

Manners, Weather and Politics

Danach geht es in den Speisesaal. Aufgeregt tauschen wir unseren kurzen royalen Moment aus: Prinz Philip hat wohl in bekannter flapsiger Manier meinen Partner mit einem G’day mate  gegrüßt! Überhaupt, scheint meine bessere Hälfte diesen Moment abgebrühter und mit seiner üblichen lässigen, charmanten Coolness auf die Bühne gebracht zu haben.

Schnell vergessen, denn er rückt mir meinen Stuhl zurecht, damit ich mich setzten kann, um zu warten bis die Queen den Saal betritt ( denn meine Schuhe sind doch nicht wirklich Bankett tauglich!). Aber oh Schreck, welch ein Fauxpass!

Aufstehen! zischt es hinter mir. Mein freundlicher Sitznachbar klärt mich auf: Die Queen ist die Erste die Platz nehmen darf, solange steht der Pöbel! 

Beschämt springe ich auf! Das wäre den royalen Experten aus meiner Familie und  dem Bekanntenkreis nicht passiert (im Geiste sehe ich, wie sie die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und verärgert den Kopf schütteln!). Hätte ich mal besser aufgepasst in der Netflix Serie The Crown . Dort erfährt man alles über das Leben der Queen und über die Do’s and Don’t Etikette und Attitüden! Wer ist denn nun dieser rettende Engel der neben mir Platz nimmt. Beim royalen Dinnieren werden Paare nämlich getrennt, um das Netzwerken und Smalltalken voranzutreiben.

Kein Problem! für mich! Ich bin nicht auf den Mund gefallen und bisher gab es immer ein Gesprächsthema. Und wenn einem gar nichts einfällt, bleibt ja immer noch das Gespräch übers Wetter! Mein Partner hat offensichtlich mal wieder das große Los gezogen: Er sitzt zwischen den Unternehmergattinnen deutscher Autofirmen und Großhandelsketten und ist bereits tief im Gespräch vertieft.

Schönes Wetter heute!

Zu meiner Rechten sitzt der nette Herr der mich auf meinen Fauxpass aufmerksam gemacht hat. Er arbeitet als Reporter für ein großes Politikmagazin. Klar genau mein Fachgebiet und Lieblingsthema! Zu meiner Linken, ein ranghoher Ofizier der Bundeswehr! Dort war ich als kleiner Mannschafter ja auch einmal, in der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Doch schon damals waren wir für die echten Soldaten nur ein nettes Accessoire ohne wirkliche Funktion! Tatsache, ich bin an den Politikstammtisch abgeschoben worden!

The Queen’s Speech

Aber ist heute nicht alles ein bisschen Politik? Die Queen nimmt ihren Platz ein,  zwei Tische von mir entfernt! In ihrer Begrüßungsrede, spricht sie über ihren Besuch in Berlin, über vorherige Besuche und über ihre Verbindung zu Deutschland. Während diese kleine Frau, mit zarter Stimme so spricht, wird mir bewusst, was sie alles in ihrem Leben schon gesehen hat! Zwei Weltkriege, die Industrialisierung, das Ende von Staatsgewalten, der Anfang von Bündnissen, Klimakatastrophen, Rassismus und das Aufbrechen vieler Konventionen.

Veränderungen: Frauen bekommen Rechte. Gleichgeschlechtliche Paare, Transsexualität, die Pille, Abtreibung, Scheidungen, Eheschließungen – alles wird reformiert, transformiert und in der Gesellschaft akzeptiert. Die Kirche und mit ihr auch die royale Welt kann dem Fortschritt und der Veränderung nicht mehr mit veralteten Regeln und Bräuchen Einhalt gewähren. Die Queen besteigt 1952, mit 25 Jahren den Thron. Auch ihr Leben und das ihrer engsten Verwandten ist von Skandalen und Veränderungen geprägt.

Während sie also mit ihrer zarten Stimme dort über mehr als eine geschichtliche Epoche spricht, empfinde ich tiefsten Respekt für diese Frau, die so viel in ihrem Leben gesehen und die durch so viele Höhen und Tiefen gegangen ist. Wie ein Eisberg, steht sie seit so langer Zeit als Monarchin im Mittelpunkt der Öffentlichkeit! Das ist dann auch das Gesprächsthema, das ich dann in die Runde werfe.

Und das Wetter, das war immer noch schön!

Ein Erinnerungsselfie für den Nachttisch

Nach dem Essen geht alles ziemlich schnell. Die Queen und ihr Gatte gehen in den Salon, um ein Digestif zu sich zu nehmen. Die guten Schlückchen die auf dem Servierwagen zu Auswahl stehen, kosten zusammen wahrscheinlich soviel wie ein teuerer Sportwagen. Das ist doch der richtige Moment für ein Selfie mit der Queen, denken wir! So richtig in die Nähe  des Sofas auf dem Elisabeth und Philip Platz genommen haben, traut sich aber keiner. Aber wahre Selfie Experten können auch aus unmöglichen Winkel das gewünschte Bild zaubern. Doch schon als mein Partner sein Handy aus der Tasche zieht, steht unbemerkt ein großer breiter Schrank von Mann neben uns:  Ich denke das ist keine gute Idee! sagt er. Mein Partner beteuert schnell, er habe nur nach der Uhrzeit gesehen und steckt beschämt das Handy in die Tasche.

Mit vielen einmaligen Erinnerungen verlassen wir den Empfang. Vielleicht war das alles nur ein Traum? Zwar haben wir kein Selfie mit der Queen, aber ein paar ganz schöne Erinnerungsfotos und viele Geschichten, die wir sicherlich noch unseren Enkelkindern erzählen können!